Ernst Bloch
Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst. (Ernst Bloch)
Der aufrechte Gang wird am letzten gelernt.
(Ernst Bloch)
Denken heißt Überschreiten.
(Ernst Bloch)
Nichts ist in der Fremde exotischer als der Fremde selbst. (Ernst Bloch)
Ernst Bloch
Ernst Bloch ist einer der bedeutendsten, aber auch der vielleicht am heftigsten umstrittene Philosoph des 20. Jahrhunderts. Den Polyhistor und Philosophen des Aufrechten Gangs lieben die einen, den Marxisten und ewig Hoffenden beargwöhnen die andern. Sein Opus magnum „Das Prinzip Hoffnung“ schafft es zum geflügelten Wort, andererseits – und das wiegt schwerer – scheint sein Werk einem unliebsamen Verständnis von Utopie veropfert. Lesen wir in Metzlers Geschichte der Philosophie nach, werden alle großen Denker durchgenommen, um, angelangt bei Adorno und Gadamer, doch noch einmal tief durchzuatmen:
„Es muss noch von einem Mann berichtet werden, der nirgendwo hinpasst, nicht ins Kaiserreich und nicht in die Weimarer Republik, der vor dem Faschismus in die Tschechoslowakei, dann in die USA emigrieren musste, der von 1948 bis 1965 Philosophieprofessor in Leipzig war, aber, weil man ihn dort nicht mehr haben wollte, 1961 in die Bundesrepublik umgesiedelt ist, um schließlich in Tübingen weiter Philosophie zu lehren, bis er 1977 im Alter von 92 Jahren gestorben ist. Er erscheint nicht am Ende dieses Abschnitts des europäischen Denkens, weil er etwa als Summe oder letztes Wort zu verstehen ist. Er tritt an den Schluß, weil er in einer verzagten, skeptischen und zerrissenen Zeit noch immer sehr viel zu sagen hat. Als Kontrapunkt, denn Ernst Bloch (…) ist ein Philosoph der Hoffnung. Sein Leben lang hat sein Bestreben dem gegolten, was in der Vergangenheit ‚unerledigt‘ geblieben ist, womit die Gegenwart schwanger geht – das Morgen im Heute, das Mögliche, das bessere Leben, die konkrete Utopie.“ (Christoph Helferich, Geschichte der Philosophie, Metzler, Stuttgart 2001)
Tatsächlich ist Bloch einer, dessen Schriften das „Zeitalter der Extreme“ (Eric J. Hobsbawm) abbilden und zugleich interpretieren: „Geist der Utopie“ die Antwort auf den Ersten Weltkrieg, „Das Prinzip Hoffnung“ der Gegenentwurf zur Barbarei des Dritten Reichs, die „Tübinger Einleitung in die Philosophie“ als Verarbeitung des gescheiterten DDR-Experiments. Erfasst von der Verve des Expressionismus in der Malerei und vor allem in der Musik, geprägt von den Zeitenwenden und getragen vom Selbstbewusstsein der Pfälzer Seele entwirft Bloch die Grundrisse seines utopischen Denkens für eine bessere Welt. Blochs Credo dabei: „Auch war und ist meine Philosophie stets wie ein Palast, in dem ich wohne, in dessen Gemächern, Gärten ich mich ergehe, den ich (…) innen unabläßig schmücke und ‚bedeuten‘ lasse, ‚bedeutend‘ mache.“ (Ernst Bloch, Gedenkbuch für Else Bloch-von Stritzki † 2.1.1921)
Peter Zudeick, Blochs Biograph, skizziert den „roten Faden“ in seinem Leben so: „Da schwebt kein Weiser über den Wassern, sondern da ist einer in harter Wanderung seinem utopischen Stern gefolgt, durch schlimme Irrtümer, durch Festhalten an politischen wie philosophischen Prinzipien beinahe um den Preis der Selbstaufgabe, durch mancherlei Verfolgung und Anfeindung, auch persönliche Entbehrung.“ (Zudeick, Peter, Der Hintern des Teufels. Ernst Blochs Leben und Werk)
Blochs Philosophie der Hoffnung und des aufrechten Gangs ist gewissermaßen zeitlos. Denn auch heute steht sie für eine konkrete Utopie, die sich stets einem Humanismus verpflichtet sieht und unserer Welt Begriffe wie Möglichkeit, Kampf und Heimat als Antwort mitgibt.